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Kreisheimatbund Olpe e.V.

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Projekt: Wiederherstellung der Wachholderheide in Schönau

Blick von der Hohen Bracht ins obere Lennetal Porträtfoto 19. Jahrhundert Porträtfoto 20. Jahrhundert Porträtfoto 21. Jahrhundert Burg Schnellenberg 1986 Fachwerkgiebel in Kirchhundem-Benolpe

 

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Geschichte

 

Bis in die Mitte der 1960er Jahre trieb ein Hirte die Kühe aus Schönau täglich über den "Heernwech" (Hirtenweg) in die gemeinschaftlichen Weidekämpe im Wimicketal und in der Lamicke. Dabei sammelten sich die Tiere morgens und abends auf dem "Nocken", einer nach Süden exponierten Geländekuppe über dem Dorf. Da sich die Tiere hier täglich für einige Zeit auf eng begrenztem Raum aufhielten, wurde die Vegetation stark verbissen. Aus dem ursprünglichen Wald entstand ein Magerrasen mit zahlreichen Wacholdern, durchsetzt von stark verbissenen, nur in Strauchform wachsenden Eichen und Birken.

 

Das genaue Alter der Wacholderheide lässt sich nur schwer eingrenzen. In der preußischen Uraufnahme ist die Fläche noch als lückige Holzung dargestellt. In der Neuaufnahme von 1907 und in der topographischen Karte von 1936 trägt die Fläche dagegen eine Heidesignatur.

 

 

1840                                                                         1936

 

Nachdem das gemeinschaftliche Hüten aufgegeben wurde, setzte sich ab dem Ende der 1970er Jahre die Wuchskraft der Eichen und Birken vollends durch. Innerhalb von 30 Jahren entstand ein geschlossener Eichen-Birkenwald und dunkelte die Wacholder aus. Im Frühjahr 2019 fristeten nur noch drei Exemplare ein kümmerliches Dasein.

 

Wiederherstellung 2019

Wacholderheiden sind Lebensraum vieler seltener Tier- und Pflanzenarten und europaweit selten geworden. Daher wurden sie in die Liste der Lebensräume des europaweiten Schutzgebietssystems Natura 2000 aufgenommen.

Größere Wacholderheiden existieren im Kreis Olpe noch auf dem Rübenkamp bei Elspe sowie an mehreren Stellen in der Gemeinde Kirchhundem. Von einem kleinen Restbestand bei Germinghausen im Gebiet der Stadt Drolshagen abgesehen, ist der Lebensraumtyp der Wacholderheide in den übrigen Kommunen des Kreises nicht mehr vertreten.

 

Wacholderheide auf dem Rübenkamp bei Elspe

 

Im Rahmen der 72-Stunden-Aktion des BDKJ stellten rund 40 Kinder und Jugendliche, zusammen mit ihren Gruppenleitern und unterstützt von vielen Einwohnern des Dorfes zwischen dem 23. und 26. Mai 2019 die Wacholderheide auf dem Nocken bei Schönau wieder her. Dabei wurden auf einer 3.000 m² großen Fläche das gesamte Holz nebst Reisig vollständig entfernt, ebenso die Laubstreu. Anschließend pflanzten die Jugendlichen 48 junge Wacholdersträucher (12 männliche und 36 weibliche). Sie waren von der Forstgenbank NRW aus Stecklingen  herangezogen worden, die man 2015 auf einer Wacholderheide bei Hirschberg (nördlich Meschede) geschnitten hatte. Anfang Oktober 2019 erfolgte die Einsaat mit einer speziellen Saatgutmischung für Magerrasen auf sauren Böden.

 

Zustand am Morgen des 23.05.2019

 

 

Während der Gehölzräumung

Pflanzarbeiten    

Der Europa-Hain

Im Rahmen der 72-Stunden-Aktion wurde nicht nur ein Stück europäischen Naturerbes wiederhergestellt. Ort und Termin der Aktion ermöglichten eine deutliche Erweiterung der Aufgabenstellung, welche die Jugendlichen in einzigartiger Weise aufgriffen:

  • 1964 hatte der Schützenverein Schönau-Altenwenden auf einem Teil der alten Wacholderheide ein Ehrenmal für die 43 Gefallenen der beiden Weltkriege errichtet.

  • Am 1. September 2019 jährte sich zum 80. Mal der Beginn des Zweiten Weltkriegs.

  • Am 23. Mai, dem Start der 72 Stunden-Aktion wurde die Bundesrepublik Deutschland 70 Jahre alt, jener Staat, in dem wir seither in Frieden leben und dessen Verfassung mit dem Satz beginnt: „Die Würde des Menschen ist unantastbar.“

  • Am 26.05., dem Ende der 72 Stunden-Aktion war Europawahl.

Es bedarf wenig Vorstellungskraft um zu vermuten, dass die Gefallenen der beiden Weltkriege uns um unser Leben in einem friedlichen, vereinten Europa beneidet hätten. Daher lag der Gedanke nahe, jenen Ort, der bislang nur dem Gedenken an die gefallenen Soldaten gewidmet war, räumlich zu ergänzen und ihn zu einem Ort des Gedenkens mit europäischer Perspektive und zu einem Zeichen für eine lebenswerte Zukunft in einem geeinten Europa zu machen.

Und so gestalteten die Jugendlichen die wiederhergestellte Wacholderheide als Europa-Hain:

  • Aus sieben Tonnen grobem Schottermaterial entstanden zwölf Lesesteinhaufen für Insekten und Reptilien, jeder in der Form eines zwei Meter breiten Sterns und alle zusammen in der Anordnung der Europafahne. Aus der Luft ist daher eine 20 x 30 Meter große Europafahne zu erkennen.

  • Auf den Sternen liegen Schiefertafeln mit den wichtigsten Inhalten der europäischen Grundrechtecharta.

 

Zustand am Sonntag, den 26.05.2019

Die Anordnung der Wacholder spiegelt nicht nur biologische Erfordernisse wieder. Da jeder der 48 Wacholder für eines der Kriegsopfer aus Schönau und Altenwenden steht, wurden sie auch nach Familien gruppiert, so dass die Sträucher von Geschwistern ebenso beieinander stehen, ebenso wie die Sträucher von Müttern/Vätern und ihren Söhnen. Zudem erhielt jeder der Wacholder ein Namensschild mit QR-Code, über den biographische Daten der Kriegsopfer abgerufen werden können. Einzigartig dabei dürfte sein, dass - soweit möglich - jeweils auch eines konkreten Soldaten aus Frankreich, Großbritannien, Russland und den USA gedacht wird, der am gleichen Tag, im gleichen Alter und im gleichen Frontabschnitt ums Leben kam, wie die heimischen Kriegstoten.

Durch das außergewöhnliches Engagement junger Menschen entstand so binnen weniger Tage ein Ort der

  • seltenen Tieren und Pflanzen Heimat bietet,

  • den Kriegstoten eine im wahrsten Sinn des Wortes „lebendige“ Erinnerung verleiht und

  • das Geschenk eines in Frieden vereinten Europas würdigt.

Am 9. April 2022, genau 77 Jahre nachdem der zweite Weltkrieg für Schönau und Altenwenden endete, wurde der Europa-Hain um einen Wildbirnbaum und einen Wildapfelbaum erweitert. Der Wildbirnbaum ist dem Andenken an die vier amerikanischen Soldaten gewidmet, die bei der Befreiung der Gemeinde Wenden ums Leben kamen. Der Wildapfel erinnert an 34 Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter, die während des Krieges in landwirtschaftlichen und gewerblichen Betrieben der Orte Schönau und Altenwenden beschäftigt waren.

Angesichts der Beispielhaftigkeit des Projektes stellt der Kreisheimatbund bis auf Weiteres die erforderlichen Webressourcen für die biographischen Daten der Kriegsopfer zur Verfügung.

 

Die Kriegstoten des Ersten Weltkriegs aus Schönau und Altenwenden

Josef Arns

Anton Breuer

Josef Grebe

Johann Holterhoff

Severin Hüpper

Franz Quast

Albert Rademacher

Josef Rademacher

Anton Scherer

Ewald Franz Schnieder

Anton Wurm

Heinrich Wurm

 

Die Kriegstoten des Zweiten Weltkriegs aus Schönau und Altenwenden

Ewald Arens

Hannelore Arenz (ziviles Opfer)

Klärchen Arenz (ziviles Opfer)

Kaspar Bordewick

Ewald Breuer

Josef Breuer

Lorenz Breuer I

Lorenz Breuer II

Anton Frohnenberg

Josef Griesenbruch

Willi Griesenbruch

Heinrich Halbe jun.

Heinrich Halbe sen. (ziviles Opfer)

Robert Jung

Heinrich Kettner

Peter Klein

Josef Koch

Josef Kruse

Severin Kruse

Hubert Middel

Hubert Ochel

Ferdinand Quast

Georg Rademacher

Maria Rademacher (ziviles Opfer)

Werner Rademacher

Erich Scherer

Gustav Scherer

Willi Scherer

August Schmidt

Aloysius Wagner

Alfons Wurm

Josef Wurm

Maria Wurm (ziviles Opfer)

Theo Wurm

Karl-Josef Zeppenfeld

Josef Zimmermann

 

Im Zweiten Weltkrieg auf dem Gebiet der Gemeinde Wenden gefallene US-Soldaten

Verne Thomas jr.

William F. Quinn

Jack T. Davis

Michael J. Mollo

 

Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter:

34 Zwangsarbeiter-/ innen